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THEMA: Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein?

Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 29 Feb 2016 16:38 #4163

  • Lena
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Hallo Leute!

Ich habe eine sehr persönliche Frage an euch alle - nicht nur meine Autorenkollegen, sondern auch und vor allem die Leser.

Folgender Sachverhalt: Ich habe den ersten Band einer Serie geschrieben, in der es um einen soziopathischen Söldner geht. Der erste Teil behandelt seine Ausbildung und die Verwandlung von einem eigentlich sehr lieben Jungen in einen machtbesessenen, arroganten Teenager, der seine Kenntnisse und Fähigkeiten immer skrupelloser einsetzt.
Band zwei soll sich jetzt darum drehen, wie sein Leben weiter verläuft. Seine Ausbildung wird abgeschlossen, die ersten Aufträge flattern herein. Er stößt an seine Grenzen und schafft es langsam, sie auszuweiten. So weit, so gut.

Nun zu meiner Frage (und ich hoffe, dass sie hier richtig platziert ist ...): Natürlich gab es schon immer (und gibt es noch) mehr oder weniger unsympathische Hauptpersonen im Film, in Serien und in Büchern. Die Älteren unter euch erinnern sich vielleicht noch vage an "Ekel Alfred", ein aktuelleres Beispiel soll angeblich "Breaking Bad" sein. Okay, also: Wie sehr darf sich ein Protagonist danebenbenehmen, wie hoch darf sein Arschlochfaktor (man möge mir den Ausdruck verzeihen!) sein, bevor er wirklich und unwiderruflich beim Leser unten durch ist? Was geht für euch und was ist absolut nicht drin? :kopfkratz:

Ich wäre wirklich sehr dankbar für ein wenig Hilfe, denn einerseits habe ich sehr, SEHR böse Ideen, andererseits habe ich ebenso Angst vor der eigenen Courage und will meine Leser nicht vergraulen. :( Und noch weniger habe ich Lust, das Ganze beim Lektorat neu schreiben zu müssen, weil es zu heftig ist.

Schon mal vielen Dank! (Und bitte für diese Frage nicht hauen, ja? ;) )
Lena
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 29 Feb 2016 17:01 #4164

  • Martin
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Liebe Lena,

interessanterweise lese ich gerade einen uralten Schinken aus den 50er-Jahren: Zweimal blüht der Fieberbaum von Richard Mason. Der Protagonist ist ein Geheimagent, dessen Auftrag es ist, den nepalesichen König zu ermorden. Der Mann ist ein echtes Arschloch. Er lernt noch in Indien eine sehr nette Inderin kennen und verhält sich ihr gegenüber wirklich kotzemäßig. Das wirkt aus unserer heutigen Sicht heraus noch schlimmer, als es damals gewirkt haben mag.

Ich mag Mason sonst schon, Suzie Wong ist ein sehr berühendes Werk. Mit dem Fieberbaum aber vergrault er mich als Leser mit der Mentalität von Birkett so, dass ich zwischendurch gar nicht mehr weiterlsen wollte. Woran liegt das?

Der gravierende Unterschied liegt darin, ob man nur den Arsch sieht oder ob man auch einen Blick auf die im Arsch gefangene, verzweiflte Persönlichkeit werfen kann. Wenn die durchschimmert, hat man den Leser wieder, denn er bangt mit, ob er wohl die Kurve kratzt und die Feinde - seine Muster/Werte - besiegt.

Letztlich geht es auch dabei um einen Kampf, nur mit dem Unterschied zum Thriller, dass der Feind im Protagonisten steckt anstatt außen. Wenn man als Leser also von den verborgenen Zweifeln an seinem Handeln, unter denen der Protagonist leidet, etwas mitbekommt, dann ist alles gut. Wenn nicht, legen wohl die meisten das Buch beiseite.

Bei besagtem Buch ist das m.E. (für die heutigeZeit?) zu wenig herausgearbeitet. Auch bin ich noch nicht ganz durch, weiß nicht, wie es ausgeht; aber ich werde berichten.

Herzliche Grüße
Martin

P.S.: Wieso hauen? Ich finde die Frage sehr spannend und am richtigen Platz ist sie auch :-)
Letzte Änderung: 29 Feb 2016 17:03 von Martin. Begründung: P.S. hinzugefügt
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 29 Feb 2016 17:18 #4165

  • Lena
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Lieber Martin,

vielen Dank, Du hast mir damit schon mächtig weiter geholfen!
Im Grunde ist der nette Junge ja immer noch vorhanden, er wurde "nur" durch Ausbildung, Intrigen, Folter und einen Unfall sozusagen verschüttet. Bereits im ersten Band leuchtet er immer wieder durch, wenn auch nur kurz, und das werde ich im zweiten Teil so beibehalten. Durch Deine Antwort werde ich allerdings wirklich mehr Aufmerksamkeit darauf legen, dass auch das "Gute" deutlicher zum Vorschein kommt und erkannt werden kann.

"Suzie Wong" habe ich gelesen, ein wunderschönes Buch, obwohl ich vermutlich zu jung war, um die ganze Tragweite zu begreifen. Der "Fieberbaum" sagt mir nichts; ich bin allerdings froh, dass Du gleich ein passendes Beispiel zur Hand hattest und mir dadurch Deine Begründung plausibel erklären konntest.

Herzlichen Dank nochmal!
Lena
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 29 Feb 2016 21:19 #4166

  • CoraSuess
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Hallo Lena,

ich hätte vielleicht auch ein Beispiel für dich. Das Parfüm ist die Geschichte eines Serienkillers. Obwohl er so viele junge Frauen tötet und ihre Haut für seinen Duft braucht, bleibt er dem Leser immer nah. Ich kann dir nicht sagen, wie er es macht, aber es funktioniert. Ich glaube dadurch, weil der Leser spürt, dass er es selber nicht möchte, aber nicht anders kann, als zu töten.

liebe Grüße

Cora
liebe Grüße

Cora
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 01 Mär 2016 10:02 #4167

  • ernstbay
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Guten Morgen Lena,

also ein Protagonist, der in einem ganzen Buch (oder gar in einer ganzen Serie) ausschließlich nur als 'Arschloch' dargestellt wird, wirkt auf mich schnell eintönig, langweilig > Buch endgültig weglegen.

Wenn er aber noch Eigenschaften, wie z.B. 'Pfiffigkeit' besitzt (mehr als die anderen Protas im Buch), dann kann es durchaus spannend werden!

Ich denke, solche Kombinationen machen selbst ein Arschloch wertvoll!

Herzliche Grüße
Ernst
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 01 Mär 2016 11:48 #4168

  • Lena
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Hi zusammen!

@Cora: Du hast recht, obwohl ich Jean-Baptiste Grenouille nie als Arschloch in dem Sinne gesehen habe. Er wurde mehr oder weniger als Mörder geboren, mein Ben wurde zu einem gemacht. Trotzdem verstehe ich, worauf Du raus willst und stimme Dir zu. Wenn die Gründe für bestimmte Handlungen nachvollziehbar sind - wie es ja in Das Parfum der Fall ist - sollte vieles machbar sein.

@Ernst: Du redest von einem richtigen "Schlitzohr", oder? Das ist ein sehr guter Hinweis!

Vielen Dank, ihr Lieben! Eure Denkanstösse bringen mich ungemein weiter und ich habe nun immerhin schon eine Richtung, in die ich (hoffentlich) gefahrlos gehen kann.

Liebe Grüße,
Lena
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 02 Mär 2016 11:29 #4169

  • Sheila
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Hi Lena,

wenn ein Charakter gut beschrieben und interessant ist, darf er für mich durchaus auch absolut mies sein.

Auf Anhieb fällt mir *Hannibal Lecter* und *Der wunderbare Mr. Ripley* ein. Dann gibt es noch ein Buch von S. Brown, wo der Antagonist ein mieser Serienkiller ist, der eine Zeugin/Staatsanwältin ins Visier genommen hat. Leider weiß ich mom. nicht mehr den Titel. Aber auch der war - obwohl A...loch - interessant beschrieben.

Für mich muss seine Handlung/Beweggründe nachvollziehbar sein. Aber ich teile Ernst' bedenken, ob so ein Charakter für eine ganze Serie taugt, ohne langweilig zu werden. Aber da ich grundsätzlich Probleme mit Serien habe (1. Film = Klasse, 2. Film = freue ich mich, 3. Film = skeptisch, 4. + mehr: muss nicht sein, oder bei Büchern: die ersten 2 - 3 sind ok, dann rühre ich eine Weile nichts mehr von dieser Reihe an, weil es mich langweilt).
Liebe Grüße

Sheila
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 02 Mär 2016 12:03 #4170

  • Martin
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Hi Lena,

da fällt mir gerade noch ein anderer Aspekt ein: eine Verbindung zum Leser zu schaffen ist ja das Ziel, das wir im Hinterkopf haben. Dabei spielt eine große Rolle, dass sich Leser ja mit Protagonisten (gerne) identifizieren (wollen). Aus diesem Grund funktioniet ja Chic-Lit auch immer wieder. Natürlich hat auch das andere was - siehe Serie Breaking Bad - das mit von uns Verdrängtem und Unerwünschten in Resonanz geht, ohne dass wir es evtl. wollen. Auch spannend. Und trotzdem glaube ich, dass immer nachvollziehbare Anteile durchschimmern müssen, dass es beim Leser einhakt.

Viele Grüße
Martin
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 02 Mär 2016 12:07 #4171

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Hallo Sheila!

Okay, Dein Einwand wirft eine neue Perspektive auf. Ich selber bin ein ziemlicher Fan von Serien, zumindest was Bücher angeht, und habe zum Beispiel die komplette Black Dagger-Reihe hier stehen. Bei Filmen kann ich auf die siebte Fortsetzung und den fünften Spin-off auch ganz gut verzichten.

Danke für Deine Erklärung, wie für Dich ein sogar mieser Charakter sein muss. Das alles sind wirklich ungemein hilfreiche Tipps für mich. Bisher war ich von meinen Charakteren immer sehr überzeugt, aber das hier ist ein völlig anderes Kaliber, und ich möchte natürlich, dass die Bücher von Haus aus schon so gut wie möglich werden. Für die Gründe seiner Wesensveränderung, den Verlauf und die Auswirkungen der dissozialen Persönlichkeitsstörung hatte ich kompetente Hilfe und konnte auf das Wissen einer befreundeten Psychiaterin zurückgreifen. Aber für den zweiten Teil brauche ich eben mehr als das. Und ich bin für eure Meinungen, Tipps und Beispiele unendlich dankbar!

Liebe Grüße,
Lena
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 21 Feb 2018 22:46 #6012

  • michi1311
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Das Thema ist ja schon etwas älter, die Frage noch immer interessant und zeitlos. Mich beschäftigt das auch gerade, da einer der Protagonisten in meinem Buch eben so ein "Arschloch" ist. Ein alteingesessener Sheriff mit Alkoholproblem, rassistischen Tendenzen, homophob, cholerisch und mit einer Vergangenheit, geprägt duch häusliche Gewalt gegenüber seiner Frau. Ich mag ihn trotzdem :-) Allerdings, wie Martin schon sagt, denke ich auch, dass es entscheidend ist, dem Leser einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren. Dabei wird schnell klar, dass er im Grunde ein einsamer und trauriger Mensch ist, der einfach nicht über seinen Schatten springen kann und am Ende doch nur geliebt werden möchte.
Letzte Änderung: 21 Feb 2018 22:47 von michi1311.
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 21 Feb 2018 23:01 #6014

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Bei heute so heiklen Themen wie häuslicher Gewalt seiner Frau gegenüber und Rassismus glaube ich, dass ein Buch zu einer Gratwanderung werden kann. Heute wird sehr schnell verurteilt und ich kann mir vorstellen, dass man da als Autor auch ganz leicht in den Kugelhagel geraten kann. Je schwerer die Vergehen in der Vergangenheit bei dem Sheriff waren, umso krasser muss eine Wende sichbar werden, sonst kann das ins Auge gehen - denke ich. Verständnis alleine genügt da nicht.

Liebe Grüße
Martin
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 21 Feb 2018 23:11 #6016

  • michi1311
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Eine Gratwanderung ist das definitiv - darum habe ich das bisher auch noch niemanden lesen lassen. Die Frage, wie weit man gehen darf, hat schon ihre Berechtigung. Andererseits... 100% der Leser wird man ohnehin nie zufrieden stellen. Der eine ist eben zart besaiteter, der andere weniger. Der (Anti-)Held durchlebt natürlich eine Entwicklung im Laufe des Buches und bekommt auch ordentlich sein Fett weg. Ich habe diese Eigenschaften bewusst gewählt, um einen Kontrast zur zweiten Hauptfigur zu schaffen. Eine junge afroamerikanische Polizistin, idealistisch, mutig und mit einer schwierigen sozialen Vergangenheit (Vater Alkoholiker). Da prallen natürlich Welten aufeinander, das ermöglicht allerdings auch eine spannende Entwicklung, was die Zusammenarbeit und das persönliche Verhältnis der beiden betrifft. Zumindest ist das der Plan ;-)
Letzte Änderung: 21 Feb 2018 23:12 von michi1311.
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 22 Feb 2018 00:02 #6020

  • Martin
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michi1311 schrieb:
100% der Leser wird man ohnehin nie zufrieden stellen. Der eine ist eben zart besaiteter, der andere weniger.
Das hat in dem Fall nichts mit zart besaitet zu tun, sondern mit Moral. Und dabei wird sehr unbarmherzig verurteilt. Aber wenn der eh der Antagonist ist, dann ist es natürlich was anderes.

Viele Grüße
Martin
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 27 Mai 2018 20:03 #6279

  • Dornpunzel
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Dieser Thread ist zwar schon ein bisschen älter, aber das Thema immer aktuell, finde ich.

Das Thema ist ja schon etwas älter, die Frage noch immer interessant und zeitlos. Mich beschäftigt das auch gerade, da einer der Protagonisten in meinem Buch eben so ein "Arschloch" ist. Ein alteingesessener Sheriff mit Alkoholproblem, rassistischen Tendenzen, homophob, cholerisch und mit einer Vergangenheit, geprägt duch häusliche Gewalt gegenüber seiner Frau. Ich mag ihn trotzdem :-) Allerdings, wie Martin schon sagt, denke ich auch, dass es entscheidend ist, dem Leser einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren. Dabei wird schnell klar, dass er im Grunde ein einsamer und trauriger Mensch ist, der einfach nicht über seinen Schatten springen kann und am Ende doch nur geliebt werden möchte.


Ich bin mal ehrlich: Mir hier eine Kehrtwende zu verkaufen würde nicht einfach werden. Umso beachtlicher, wenn es dir gelingen sollte.

Meiner Meinung nach kann - und sollte - ein Protagonist auch negative Seiten haben. Genau so, wie ein Antagonist durchaus seine guten Seiten haben kann. Schließlich sind es Menschen und da gibt es nicht viele, die ausschließlich gut oder böse sind. Zumal beides immer im Auge des Betrachters liegt.
Nehmen wir mal Stauffenberg als Beispiel. Die meisten Menschen heute finden das Attentat auf Hitler mutig, heldenhaft, alternativlos. Wäre ich seine Frau gewesen, hätte ich ganz andere Bezeichnungen dafür gefunden. 'Verantwortungslos' hätte wohl dazu gehört, bewusst das Leben seiner Kinder auf Spiel zu setzen.

Wichtig bei Charakteren ist wohl, die passende Mischung zu finden. Deswegen dachte ich mir bei obigem Post zuerst: Wow, das ist ein bisschen zu viel des Guten. Oder des Schlechten. Jeder Punkt für sich kann sicher abgearbeitet werden. Nur wie soll das glaubwürdig und für den Leser nachvollziehbar im Rahmen des 'normalen' Umfangs eines Romans passieren? Zumal es ja vermutlich noch eine Handlung neben der Charakterentwicklung gibt?

Ich persönlich mag es ja, wenn ein Charakter sich heimlich, still und leise verändert, ohne dass ich es merke. Wie Jaime in 'Das Lied von Eis und Feuer'. Ich habe keine Ahnung, wann er sich wie und warum geändert hat, er hat es aber getan. Deswegen ist das für mich eine der besten Entwicklungen, die ich bislang verfolgt habe. Im ersten Buch hätte ich am liebsten auch aus dem Fenster geworfen, inzwischen würde ich ihm persönlich die Krone auf den Kopf setzen.

Wo wir bei Vergleichen sind: Es gibt auch durchaus Protagonisten, die ich überhaupt nicht ausstehen kann. Der Schlimmste von ihnen, mit weitem Abstand ist: Harry Potter. Der ist ja so ... argh, ich finde gar keine Worte dafür. Also ja, bitte, der Protagonist muss auch mal A***loch sein. Unbedingt.
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Wie viel Ar****och darf ein Protagonist sein? 28 Mai 2018 16:46 #6288

  • Martin
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Zum Wieviel an A*o**anteil käme praktischerweise noch ›für wen‹ dazu.

Das fällt mir deshalb ein, weil ja auch die Resonanz beim Leser sehr unterschiedlich ausfällt. Tut jemand im real life etwas, dann ist dem einen das schnurzegal und der andere explodiert. Triggert nicht, triggert. Ganz schön sehe ich das bei der Leserunde auf der Patchworkseite zu meinem letzten Roman. Mutigerweise habe ich diesemal auf dem Cover ›Spiritueller Roman‹ stehen, weil eben auch davon drin ist. Ich liebe Leserunden, weil da einfach mehr rüberkommt als bei simplen Rezensionen und auch noch step by step.

Konkret schreibt eine Leserin bei den Passagen, wo der Protagonist diverse ungewöhnliche Erlebnisse bei einem Weisen namens Odysseus macht, dass ihr die Belehrungen auf den Zeiger gingen. Genau dieselben Passagen lieben andere und meine Lektorin, die auf diesem Gebiet recht gebildet ist, schrieb, sie hätte einiges für sich mitnehmen können. Also wie jetzt?

Ich denke, der A*o**faktor ist gar nicht so das Kriterium, denn man kann es nicht jedem Leser recht machen (triggern/nicht triggern). Das, was man wirklich tun kann, ist, dass die Figuren authentisch sind. Und wenn sie A'ö**cher sind, na, dann sind sie es eben. Gibt's ja auch im echten Leben nicht wenige.
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