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SchwachSuper 

Ich möchte gern ein Buch schreiben
Ein Prozessbegleiter von der Idee bis zur Veröffentlichung

 

Zum Buch

Kein Schreibratgeber, sondern ein Prozessbegleiter.

Als ich vor vielen Jahren das Schreiben wiederentdeckte, hätte ich mir ein Buch gewünscht, in dem die wichtigsten Aspekte zu dieser komplexen Tätigkeit aufgeführt sind. Keinen fetten Ratgeber, der alles bis in die Tiefe zerlegt, sondern einfach nur alles kurz und einfach erklärt zu bekommen, was den Prozess rund um ein Buch anbelangt.

Genau das bietet vorliegende Arbeit. Sie beginnt bei der Ideenfindung und Zielsetzung, erzählt über die Leser-Autor-Psychologie, spricht kurz über alle wichtigen handwerklichen Aspekte, berichtet über das Plotten und die Figurenentwicklung, hilft beim Abwägen, ob Verlag oder Self-Publishing und schließt neben Marketing-Tipps fürs Selbstverlegen mit einem Anhang für weiterführende Literatur und Internet-Links.

Ein sehr hilfreicher Begleiter für jeden angehenden und geübten Autor.

 

 

Erhältnlich als

eBook:  Amazon (mobi)
signiertes Taschenbuch ode eBook als epub:
Direkt bestellbar auf der Patchworkseite

 

Inhalt

 

1  Ein Prozessbegleiter?
2  Was willst du eigentlich?
3  Über den wichtigsten Irrtum
4  Wie fange ich an?
4·1  Ich will, weiß aber nicht was
4·2  Alles ist klar, ich will losschreiben
4·3  Optionen beim Losschreibenwollen
5  Die Pfeiler einer Geschichte
5·1  Pfeiler 1 - Der Leser
5·2  Pfeiler 2 - Die dramaturgische Struktur    
5·3  Pfeiler 3 - Die Figur(en)
6  Das Ding mit der Planung
6·1  Ein paar Worte zur Szene
6·2  Plotten
6·3  Figurenentwicklung
6·4  Das Figurenblatt
7  Die Rohschrift
7·1  Der Anfang
7·2  Die Erzählzeit
7·3  Rückblenden
7·4  Perspektiven
7·5  Szenen
7·6  Lesernähe
7·7  Auszeichnungen
7·8  Kontrolle über Zeit und Raum       
7·9  Das Ende
8  Überarbeitung
8·1  Inhaltliche Prüfung
8·2  Ein paar Handwerksgedanken

9  Titelei und Satz
9·1  Titelei - der Kopf
9·2  Satz - der Fließtext
10  Exposé
10·1  Aufgabe des Exposés
10·2  Aufbau und Inhalt
11  Veröffentlichen
11·1  Verlag/Agentur
11·2  Self-Publishing
12  Marketingtipps für Self-Publisher
12·1  Der Leser
12·2  Das Cover
12·3  Der Klappentext
12·4  Werbung
13  Was nirgends dazupasst
13·1  Copyright
13·2  Fiktion vs. Recherche
13·3  Klischees
13·4  Pseudonyme
13·5  Impressum
13·6  Die Normseite
13·7  Schreiben lernen und üben
14  Anhang
14·1  Weiterführende Literatur
14·2  Unterstützung im Internet
14·3  Schreibprogramme
15  Outro & Kontakt

 

Leseprobe

1  Ein Prozessbegleiter?

Ein Pro­zess­be­glei­ter? Cool! Ge­hen wir jetzt Arm in Arm kla­gen?

Ich hof­fe doch nicht! Ob­wohl … Schrei­ben ist schon ver­dammt viel Pro­zess!

Lass mich da­bei dein Sto­ry­guard sein!

Schrei­ben ist zum einen Schreib­pro­zess. Den mei­ne ich aber gar nicht. Mit dem Schrei­ben er­klärst du dich, be­wusst oder un­be­wusst, be­reit da­zu, dich auch auf an­de­re Pro­zes­se ein­zu­las­sen, auf ganz per­sön­li­che. Das kann bei Er­leb­nis­sen im Rah­men ei­ner Re­cher­che be­gin­nen. Wenn du dann schreibst, geht es aber erst rich­tig los! Du er­lebst Be­geis­te­rung und wirst dich frisch ver­lie­ben: in dei­ne Fi­gu­ren. Gleich da­ne­ben war­tet Frust auf dich, denn du bleibst in der Ge­schich­te ste­cken wie bei ei­nem Offroad-Trip im Sumpf. Ne­ben dei­nem Weg lau­ern Un­si­cher­hei­ten und Selbstzwei­fel. Du wirst to­tal be­geis­tert sein von dem, was du ge­schrie­ben hast. Dann gibst du es ei­ner Kol­le­gin zum Le­sen. Aber sie teilt dei­ne Freu­de nicht, son­dern du er­hältst dei­nen Text dop­pelt so lang zu­rück – vor lau­ter An­mer­kun­gen. Schließ­lich willst du dein Buch ver­öf­fent­li­chen und be­kommst von den fünf­zig an­ge­schrie­ben Ver­la­gen zwan­zig Ab­sa­gen und vom Rest hörst du gleich gar nichts. Oder du ver­öf­fent­lichst dein Buch selbst und kei­ner kauft es. Oder du ver­dienst aus dem Stand her­aus fünf­tau­send Eu­ro. Ei­ne Fie­ber­kur­ve bei Mala­ria ist ein Dreck da­ge­gen!

Mir drei Wor­ten: al­les ist drin!

Der Pro­zess – die­ser Buch­ti­tel ist lei­der be­rühmt ver­ge­ben – ist in Wirk­lich­keit ›die Pro­zes­se‹: das Schrei­ben an sich, dei­ne per­sön­li­chen Pro­zes­se, die du da­bei er­lebst und der Pro­zess, den dei­ne Ge­schich­te durch­läuft: In­ten­ti­on – Ide­en­fin­dung – Pla­nung – Roh­schrift – Über­ar­bei­tung – Ex­posé – Ver­lags­su­che oder Self-Pub­lis­hing. Wenn du dei­ne Ge­schich­te selbst her­aus­bringst, dann geht es noch wei­ter: Lek­to­rat – Kor­rek­to­rat – Co­ver – Satz und Ver­öf­fent­li­chung – Mar­ke­ting – Le­ser­pfle­ge.
Mit die­sem Buch möch­te ich dich vor al­lem bei dem drit­ten Pro­zess be­glei­ten. Du sollst hier von al­len Stu­fen er­fah­ren, die dir be­geg­nen wer­den. Wenn du die­ses Buch durch hast, weißt du, was auf dich zu­kommt. Und du weißt für spä­ter, wo du nach­schla­gen kannst, wenn du fest­steckst.
Ich wer­de dir kei­nen Ho­nig ums Maul schmie­ren und dir sa­gen, wie ea­sy al­les ist. Lie­ber zie­he ich mir den einen oder an­de­ren Un­mut zu, blei­be aber ehr­lich. Auch das wirst du sonst sel­ten le­sen, denn al­le er­zäh­len nur von den schö­nen Sei­ten, wie wich­tig es ist, Re­geln zu be­fol­gen, dann wird näm­lich al­les gut. Nur wenn man wei­che De­cken aus

Il­lu­sio­nen aus­brei­tet, ist man lieb und wird ge­kauft.

To­ta­ler Blöd­sinn. Und dir ge­gen­über hunds­ge­mein noch da­zu.

Schrei­ben – und Er­folg da­mit zu ha­ben – ist nicht ein­fa­cher als Sa­xo­fon­spie­len, ir­gend­ei­nen Mas­ter zu ma­chen oder einen großen Wett­kampf zu ge­win­nen. Da­für ist der Er­folg ge­nau­so süß und der Weg dort­hin ein ech­tes Aben­teu­er!

Auf den fol­gen­den Sei­ten geht es we­ni­ger dar­um, wie man schreibt, son­dern vor­der­grün­dig dar­um, was not­wen­dig ist, dass du da­mit Er­folg hast.
Die­ses Buch bie­tet ei­ne run­de Grund­la­ge spe­zi­ell auch für das Selbst­ver­le­gen. Bit­te ru­fe dir ei­nes ins Ge­dächt­nis: Vor zehn Jah­ren gab es die­se Mög­lich­keit mit E-Books noch gar nicht! Du muss­test dich auf den jah­re­lan­gen har­ten Weg zu ei­nem Ver­lag oder ei­ner Zeit­schrift ein- oder es blei­ben­las­sen. Heu­te hast auch du mit dei­nen Ver­öf­fent­li­chun­gen ei­ne rea­le Chan­ce auf Er­folg. Aber es gibt kei­ne He­li­ko­pter-En­gel, die dich zu dei­nen Le­sern fah­ren. Du musst selbst dei­nen Ruck­sack pa­cken, dich um die Rou­te küm­mern, dich vor­her dril­len und dich dann auch selbst auf den Weg ma­chen.  
Al­so kein Ho­nig, kein He­li, doch da­für ist dir die­ses Buch ein ver­läss­li­cher Scout auf dei­nem Weg. Es wird dir da­bei hel­fen, an den rich­ti­gen Or­ten zu trai­nie­ren und dein Au­gen­merk auf das Aus­schlag­ge­ben­de zu rich­ten. Du wirst von der Spra­che der Le­ser er­fah­ren, wie du Fall­gru­ben um­ge­hen kannst und Feh­ler ver­mei­dest, die Un­wis­sen­de Mo­na­te oder Jah­re kos­ten. Du wirst er­fah­ren, wel­che Mög­lich­kei­ten du hast, wenn dein Werk fer­tig ist und be­kommst einen Weg­wei­ser samt Land­kar­te, wie du die­se We­ge am ef­fi­zi­en­tes­ten gehst.

 

2  Was willst du eigentlich?

Eben ha­be ich ge­g­oo­gelt, ob heu­te ein Buch zu schrei­ben auch noch zu den zehn Din­gen ge­hört, die man ge­tan ha­ben soll­te. Als Mann. Auf ei­ner der ge­fun­de­nen Lis­ten war es noch da­bei. Und als Frau? Tja, für Frau­en ha­be ich gar kei­ne Zehn-Punk­te-Lis­te ge­fun­den. Un­ter acht­zig Punk­ten tut es kei­ne. Buch­schrei­ben war üb­ri­gens nir­gends da­bei, was einen kras­sen Ge­gen­satz zu mei­nen Er­fah­run­gen dar­stellt – es schrei­ben mehr Frau­en als Män­ner. Zu­ge­ge­ben, ich ha­be auch nicht fünf Stun­den lang ge­sucht.
Ein­mal ha­be ich einen Ver­le­ger sa­gen hö­ren, of­fen­sicht­lich schrie­be je­der zwei­te Deut­sche. Kei­ne Ah­nung, ob das wahr ist. Aber wir Au­to­ren sind wirk­lich un­glaub­lich vie­le.
Be­vor wir ins Ein­ge­mach­te ge­hen, ei­ne sehr pri­va­te Fra­ge: Wa­rum möch­test du ein Buch schrei­ben? Ist das Du üb­ri­gens in Ord­nung? Und si­cher­heits­hal­ber auch gleich et­was zum Gen­dern: Ich fin­de die­sen Au­torIn­nen-Kon­strukt nicht nur op­tisch un­schön, son­dern auch um­ständ­lich. Des­halb bit­te ich um Ver­ständ­nis, wenn ich das ei­ner bes­se­ren Les­bar­keit zu­lie­be nicht so hand­ha­be, son­dern ein­mal wer­den dir Au­to­ren, dann wie­der Le­se­r­in­nen be­geg­nen. Ich hof­fe, das geht so auch für dich in Ord­nung.

Al­so, warum willst du?

Was mich das an­geht? Nichts na­tür­lich. Aber für dich ist es wich­tig, den­ke ich. Und auch für even­tu­el­le Le­ser dei­ner Ge­schich­ten. Und zwar des­halb, weil es einen, nein den Un­ter­schied macht, ob du dein Buch nur für dich schreibst, oder ob du möch­test, dass es auch an­de­re le­sen.
Schreibt je­mand nur für sich? Klar, warum nicht? Ta­ge­bü­cher. Aber auch je­de Schreib­the­ra­pie ist Schrei­ben oh­ne üb­li­cher­wei­se dem Ziel, das Er­geb­nis zu ver­öf­fent­li­chen. Au­ßer man ist nar­ziss­tisch und/oder ei­ne be­kann­te Per­son; bei letz­te­rer funk­tio­niert selbst das. Ob The­ra­pie oder Ta­ge­buch: Schrei­ben ist im­mer ein Pro­zess (ja, da ist er schon wie­der). Das ver­spre­che ich dir. Das Schö­ne dar­an ist, dass du es bist, der be­stimmt, ob du ver­lierst oder nicht, denn du bist bei die­sem Ver­fah­ren An­ge­klag­ter, Klä­ger und Rich­ter in ei­nem.

Be­vor ich aber ein ›The­ma ver­fehlt‹ zu die­sem Ka­pi­tel be­kom­me, zu­rück zur Fra­ge: Was willst du?

Willst du ver­öf­fent­li­chen, was du schrei­ben wirst?

Wenn du hier mit ja oder mit viel­leicht ant­wor­test, dann ist die­ses Buch für dich.

Sonst im Prin­zip auch.

 

Geld oder Le­ben? Aber nicht mit vor­ge­hal­te­ner Pis­to­le und Ruf­zei­chen, son­dern mit ei­nem Fra­ge­zei­chen.
Das ist die zwei­te große Fra­ge, die du klä­ren soll­test, be­vor du zu schrei­ben be­ginnst; vor al­lem dann, wenn du dei­ne Ge­schich­ten selbst her­aus­ge­ben möch­test.
Die Ant­wort be­stimmt näm­lich, wie sehr du dich mit dem Main­stream (das ist die Art von Bü­cher-Mis­sis­sip­pi, in dem 99 Pro­zent al­ler Le­ser trei­ben) und sei­nen Ne­ben­ar­men aus­ein­an­der­set­zen musst.

Ist es dir wich­tig, mit dem Schrei­ben Geld zu ma­chen, dann bleibt dir nichts an­de­res üb­rig, als die Main­stre­a­mar­me ge­nau zu un­ter­su­chen, be­vor du los­legst. Ge­he auf den Ama­zo­nas – par­don: Ama­zon und set­ze dich ge­nau mit den Top-100 dei­nes an­ge­peil­ten Gen­res aus­ein­an­der. Was wird dort an­ge­bo­ten be­zie­hungs­wei­se ge­le­sen? Lies Bü­cher an, die dir ähn­lich vor­kom­men, mer­ke dir die Co­vers und be­ob­ach­te die Ent­wick­lung. Und dann ver­su­che, dei­ne Schrei­be da­nach aus­zu­rich­ten. Wenn du dann auch noch ein pas­sen­des Co­ver ge­stal­ten lässt und ge­nü­gend Zeit ins Mar­ke­ting zu ste­cken be­reit bist, sind dei­ne Chan­cen ziem­lich gut.
Wenn du aber dei­nen ei­ge­nen Weg ge­hen möch­test, dann wapp­ne dich schon jetzt mit di­cker Haut und lan­gem Atem. Denn der Main­stream nimmt den ab­so­lu­ten Groß­teil der Ober­flä­che un­se­res Le­ser­pla­ne­ten in Be­schlag. Nach­voll­zieh­bar, dass im rest­li­chen Pro­zent – wenn es über­haupt so viel ist – die Luft dünn wird.

 

Patchwork ist die um­fang­reichs­te Soft­wa­re für Schrift­stel­ler und stammt auch von mir. Ich möch­te an ei­ni­gen we­ni­gen Stel­len dar­auf in­so­fern Be­zug neh­men, als ich Hin­wei­se ge­be, dass und wie du das ge­ra­de Be­schrie­be­ne um­set­zen kannst, be­zie­hungs­wei­se, dass man da­zu über­haupt mit Soft­wa­re Un­ter­stüt­zung er­hält.
Die­se Tipps sind in an­de­rer Schrift for­ma­tiert, und zwar so wie die­ser Ab­satz. Der kon­kre­te Hin­weis wä­re nun zum Bei­spiel, dich auf der Sei­te www.au­to­ren­pro­gramm.com um­zu­se­hen, um zu er­for­schen, was Patchwork über­haupt ist. Hä­keln? Stimmt, aber mit Sze­nen und Wör­tern.

 

3  Über den wichtigsten Irrtum

Die­ser Irr­tum macht es vor al­lem Neu­ein­stei­gern beim Schrei­ben im­mens schwer. Er kann nicht nur das er­folg­rei­che Durch­star­ten hin­aus­zö­gern, son­dern so­gar da­zu füh­ren, dass ei­ne Au­to­rin frus­triert das Hand­tuch wirft und mit dem Schrei­ben auf­hört.

Der Irr­tum hat einen Na­men: Re­geln.

Schrift­stel­ler sind Künst­ler. Für Künst­ler ist Krea­ti­vi­tät vor­der­grün­dig. Der Wunsch, Ori­gi­nel­les und viel­leicht so­gar Neu­es zu schaf­fen. Was, um Him­mels Wil­len, ha­ben da Re­geln ver­lo­ren?

Das Ar­gu­ment kann ich voll und ganz nach­voll­zie­hen, denn ich selbst hal­te von star­ren Re­geln nichts.

Ich ge­ste­he so­gar, aus rei­nem Acht­sam­keits­trai­ning mit­un­ter im All­tag – na­tür­lich nur, wenn es die Si­tua­ti­on er­laubt – Re­geln be­wusst zu bre­chen. Es geht mir dar­um, nicht in das dump­fe, lem­ming­haf­te und ge­dan­ken­lo­se Hin­ter­her­trot­ten sinn­lo­ser Vor­ga­ben zu ver­fal­len, son­dern mei­ne in­ne­re Be­weg­lich­keit zu trai­nie­ren. Nicht, dass das ei­ne Emp­feh­lung zum Nach­ma­chen wä­re, ich möch­te da­mit nur an­füh­ren, dass ich von star­ren Re­geln selbst nichts hal­te.

Stra­ßen­ver­kehr und Kom­mu­ni­ka­ti­on ha­ben et­was ge­mein­sam, da­mit sie funk­tio­nie­ren: Du brauchst Ver­ein­ba­run­gen, die al­le Be­tei­lig­ten ken­nen. Dort sind es Ver­kehrs­re­geln, bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on sind es psy­cho­lo­gi­sche Ge­ge­ben­hei­ten.

Und um die­se psy­cho­lo­gi­schen Fak­ten geht es.

Ein simp­les Bei­spiel: Wenn je­mand mit fins­te­rem Blick und ge­senk­tem Kopf lang­sam auf dich zu­geht und du aus den Au­gen­win­keln sei­ne ge­ball­ten Fäus­te be­merkst, wird er kaum dein Ver­trau­en ge­win­nen. Wenn die­sel­be Per­son dich freund­lich an­lä­chelt und grü­ßend ei­ne Hand hebt, sieht die Sa­che an­ders aus. Zwei Per­so­nen, du und der an­de­re, aber ei­ne völ­lig un­ter­schied­li­che Be­zie­hung.

Und dar­um geht es. Wenn ich als Au­tor den Le­ser grim­mig an­bli­cke, darf es mich nicht wun­dern, wenn er das Wei­te sucht. Wenn ich ei­nem Chi­ne­sisch­spre­chen­den einen Vor­tag auf Ki­sua­he­li hal­te, wird der sich ver­mut­lich bald des­in­ter­es­siert ab­wen­den.

Wenn du ein Au­ge auf einen Kerl be­zie­hungs­wei­se ei­ne Frau ge­wor­fen hast, dann wirst du in sei­ner Ge­gen­wart wahr­schein­lich nicht fur­zen und rülp­sen und die äl­tes­ten Kla­mot­ten an­zie­hen.

Das ist al­les was ganz an­de­res? Nein, ist es nicht!

Das ist al­les ge­nau­so Be­zie­hungs­auf­bau, wie du ihn zu dei­nem Le­ser pfle­gen soll­test, vor­aus­ge­setzt, es liegt dir et­was an ihm. Und dar­an, dei­ne Ge­schich­ten an Frau und Mann zu brin­gen.

Was sind sol­che Mög­lich­kei­ten, den Be­zie­hungs­auf­bau zu be­ein­träch­ti­gen? Hier ein paar da­von:

• Ei­ne schlech­te Ge­schich­te.
• Ei­ne lang­wei­li­ge Ge­schich­te.
• Vie­le Fremd­wör­ter, dass sich der Le­ser dumm vor­kommt, wenn er stän­dig nach­schla­gen muss.
• Lan­ge Sät­ze, dass er stän­dig zu­rück­set­zen muss, um zu ver­ste­hen, was ei­gent­lich ab­ge­ht.
• Vie­le Fi­gu­ren, die nicht ein­ge­führt sind ver­wir­ren ihn.
• Sze­nen, bei de­nen er erst beim fünf­ten Ab­satz da­hin­ter­kommt, wo er ei­gent­lich ge­ra­de ist.
• Recht­schreib- und Gram­ma­tik­feh­ler.
• Be­vor­mun­dung.

Das sind nur ein paar der Stör­fak­to­ren, mit de­nen du pro­blem­los Le­ser ver­ja­gen kannst. Von ei­ni­gen die­ser Punk­te ge­nügt ein ein­zi­ger.

Mit die­sem Ka­pi­tel möch­te ich dich da­zu be­we­gen, al­le kom­men­den bit­te un­ter dem Ge­sichts­punkt zu be­trach­ten, dass ich in kei­nem Fall un­re­flek­tier­te Re­geln wei­ter­ge­be, son­dern es im­mer um meis­tens seit Jahr­tau­sen­den er­prob­te Mecha­nis­men geht, die in je­der Art der Kom­mu­ni­ka­ti­on funk­tio­nie­ren. Und Ge­schich­ten­schrei­ben – Ge­schich­ten­le­sen ist, ge­nau be­trach­tet, pu­re Kom­mu­ni­ka­ti­on, gleich hin­ter der per­sön­li­chen.

4  Wie fange ich an?

Gra­tu­lie­re! Du hast dich ent­schlos­sen, ein Buch zu schrei­ben. Das ist wun­der­bar, denn da­mit wer­den wir zu ei­ner Art Ver­bün­de­ter im Geis­te. Ich schrei­be selbst lei­den­schaft­lich, so sehr, dass ich so­gar ein Pro­gramm nach mei­nen Wün­schen zum Schrei­ben ent­wi­ckelt ha­be, um mög­lichst un­ge­stört in den Rol­len mei­ner Pro­tago­nis­ten han­deln zu kön­nen.

Wa­rum ein Pro­gramm zum Schrei­ben, wo es doch Word oder Open Of­fi­ce gibt? Auf die­sen Punkt wer­de ich manch­mal ein­ge­hen, denn ich glau­be, dass es hilf­reich ist, zu er­fah­ren, bei wel­chen Pro­zes­sen Soft­wa­re mitt­ler­wei­le un­ter­stüt­zen kann.
Okay. Wie sieht es aus mit dei­ner Ge­schich­te? Ist sie schon fix und fer­tig in dei­nem Kopf? Oder hast du nur den großen Wunsch zu schrei­ben, ir­gen­det­was tief in dir drängt und will hin­aus? Ei­gent­lich ist das aber gar nicht so wich­tig, auf je­den Fall hast du ein The­ma.

Oder?

4·1  Ich will, weiß aber nicht was

Du hast al­so kei­ne Idee, was es sein soll, aber den großen Wunsch zu schrei­ben. Dem­nach möch­test du In­spi­ra­ti­on? Da­für gibt es zwei Quel­len.
Inspiration von außen

Um dei­ne Fan­ta­sie­ma­schi­ne an­zu­wer­fen gibt es ei­ne Men­ge Mög­lich­kei­ten: Wer­de Agent. Heu­re auf ei­nem Wal­fän­ger an. Wer­de Kampf­jet­pi­lot. Ver­pflich­te dich als Söld­ner. Ver­din­ge dich als Pro­sti­tu­ier­te in Schang­hai.

So war das nicht ge­meint? Es wür­de aber gu­te Ide­en lie­fern. Nein? Na gut. Dann lass es uns mo­de­ra­ter an­ge­hen.
Ver­mut­lich hast du Ver­wand­te und Be­kann­te. Vor al­lem dann, wenn es äl­te­re Leu­te sind, fin­dest du dort nicht nur in­ter­essan­te Le­bens­ge­schich­ten, son­dern auch Dank­bar­keit, einen Zu­hö­rer ge­fun­den zu ha­ben. Denn al­te Leu­te re­den nicht nur ger­ne von Krank­hei­ten, son­dern auch aus ih­rer Ver­gan­gen­heit, wenn man sie da­zu er­mun­tert. Du musst ja kei­ne Bio­gra­fie schrei­ben, aber Ide­en für dei­ne zu­künf­ti­ge Ge­schich­te be­kommst du höchst­wahr­schein­lich. Soll­ten Ver­wand­te aus­fal­len, dann könn­test du in ein Flücht­lings­heim ge­hen und mit den Leu­ten dort re­den, ei­ne Freun­din be­fra­gen, die bei der Seel­sor­ge ar­bei­tet oder einen Pfar­rer. Na­tür­lich er­hältst du dort kei­ne kon­kre­ten Na­men, aber si­cher das ei­ne oder an­de­re Er­leb­te. Wenn die­se Op­ti­on für dich in­fra­ge kommt, dann ist na­tür­lich Ver­rei­sen fern­ab von All-in­clu­si­ve ei­ne si­che­re Ge­schich­ten­quel­le.

Auf je­den Fall wür­de ich hin­aus­ge­hen, mit an­de­ren Leu­ten re­den. Die bes­ten Ge­schich­ten, heißt es ja, schreibt das Le­ben. Al­so zap­fe es an, die­ses Le­ben, in­dem du an­de­re Men­schen be­fragst und be­ob­ach­test.

Ei­ne wei­te­re Quel­le, die für dich als Au­tor ver­mut­lich oh­ne­hin selbst­ver­ständ­lich ist, ist das Le­sen oder Hö­ren von Ge­schich­ten. Es geht nicht dar­um, et­was nach­zu­ma­chen. Aber je­de Ge­schich­te lie­fert Im­pul­se. Auch Nach­rich­ten kön­nen er­trag­reich sein. So kommt es nicht sel­ten vor, dass sich aus ei­ner Klei­nig­keit ei­ne gan­ze Tri­lo­gie oder gar Rei­he ent­fal­tet. Zwar war es al­les an­de­re als ei­ne Klei­nig­keit, aber für mei­nen Drei­tei­ler Nur sie­ben Wor­te lie­fer­te den in­spi­rie­ren­den Fun­ken der Ab­sturz der Ger­man-Wings-Ma­schi­ne mit der Flug­num­mer 4u9525 im März 2015. Da­bei nimmt die­se Par­al­le­le in der über 600 Sei­ten lan­gen Ge­schich­te ge­ra­de ein­mal zwei Sei­ten ein. Al­les an­de­re wi­ckel­te sich dar­um wie Zucker­wat­te um das Holz­stäb­chen.

Fa­zit: Ge­he nach au­ßen! Beo­b­ach­te dei­ne Um­welt, lass dich von dei­nen Mit­menschen in­spi­rie­ren, von Bü­chern bis hin zu den Ta­ges­nach­rich­ten.