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THEMA: Ich grüße

Ich grüße 03 Jan 2018 22:47 #5885

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Hallo allseits.

Ich bin ein sehr alter Mann.
Obwohl Deutsch keine Muttersprache für mich ist, schreib' ich mittlerweile sehr gerne in Eurer Sprache. Ich bin an einem Krebs erkrankt, der noch als unheilbar gilt.
Auf alle Fälle, im Unterschied zu den mir 2008 "zugesprochenen" düsteren Prognosen, geht es mir heute -- innerhalb der Grenzen dieser Beeinträchtigung -- subjektiv sehr gut: Das gefräßige Vieherlein läßt sich einhegen, und ich erweise mich als zäh.

In der Vergangenheit hab' ich wissenschaftlich in einer "kleineren" Sprache veröffentlicht. Auf meinen alten Tagen werde ich irgendwann - wahrscheinlich erst aus dem Jenseits... ein Blog einrichten, mit literarischen, politischen, (halb-)philosophischen Themen. Und was weiß ich... Was manche alte weiße Männer halt so tun, bevor sie den Löffel abgeben und endlich Ruhe geben. Oder nachdem sie den Löffel abgegeben haben und als Gespenster immer noch keine Ruhe geben...

Wobei ich mit der Mehrheit der Werke über das Alter als solches nicht einig gehe: Ja, es stimmt, es gibt Verluste zuhauf, und sie können hart sein. Es gibt aber auch Gewinne, Versöhnungen und Glücksmomente. Mir erscheint diese Zeit als köstlich.

Ich bin verwitwet, lebe in Deutschland seit 2007 - auf dem Lande, aber in relativer Nähe (18Km) der Uniklinik meiner Behandlung. Hauptmieter und Big Chief in meiner Wohnung ist Pepino, mein treuer lieber Begleiter, ein Katerchen von derzeit vier Jahren.

Herzlich
Abifiz

PS
Bin ein Prokrastinator wie er im Buche steht...

PPS

Hab' 2000 fast gänzlich mit meinem Beruf aufgehört.
Meine sehr kluge Signatur befindet sich noch in der Herstellungsphase. Falls keine gravierenden Inkompatibilitätsprobleme auftauchen werden, rechne ich mit ihrer Lieferung für das 1. Quartal 2034. Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen.
Letzte Änderung: 03 Jan 2018 22:48 von Abifiz.
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Ich grüße 03 Jan 2018 23:07 #5886

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Hallo Abifiz,

herzlich willkommen hier im Forum Orange Cursor!

Du machst mich neugierig. Deutsch ist nicht deine Muttersprache? Dafür hast du den Bogen aber ziemlich perfekt raus. Welche ist denn die Sprache, mit der du aufgewachsen bist? Welche philosophischen Themen interessieren dich denn vordergründig? Cool finde ich, dass du zu Krebs nicht die übliche resignierende Einstellung hast. Irgendwer sagte mal, dass es keine unheilbaren Krankheiten, sondern nur inheilbare Kranke gibt. Ich gehe darauf deshalb ein, weil ich das sehr auch so sehe. Wir haben verlernt, an Wunder zu glauben, weil wir nicht in das vertrauen können, das wir nicht verstehen. Das finde ich sehr schade, denn genau von dort kommen doch all die Überraschungen.

Ha ha, Big Chef ist gut. Die Katzentierchen lassen sich nichts dreinreden. Unter dem Aspekt ganz gute Vorbilder :-)

Herzliche Grüße
Martin
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Ich grüße 03 Jan 2018 23:43 #5887

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Jo, ich bin vernarrt in Sprachen, und auch in das Phänomen "Sprache" als solche. Und bin in einem Misch-Masch an Sprachen aufgewachsen...

Muttersprache... lange Geschichte...

Meine Sippe lebte unter arabischer Herrschaft in Spanien. Dort sprachen die Juden ein archaisches Spanisch aus dem 13. bis 14. Jahrhundert, angereichert durch eine Menge arabischer und hebräischer Lexeme, und mit einer hebräischer Grammatik (einschließlich Syntax). Diese Sprache trug mehrere Namen, am ehesten Spanyol.

Als die Juden aus Spanien vertrieben wurden, spaltete sie sich in vier Zweige. Ein portugiesisch-niederländisches Spanyol (mittlerweile ausgestorben; bekanntestes Beispiel: Spinoza); ein noch stärker arabisiertes Spanyol, vor allem in Marokko (genannt Hakitia), nach der Vertreibung der Mehrheit der Juden aus den arabischen Ländern nur noch ein Schatten, mit einer Überlebenschance von vielleicht noch drei oder maximal vier Generationen, bis die allerletzten Sprecher aussterben; das Ladino oder Djudezmo als Hauptzweig; das Balkan-Djudezmo als kleiner Zweig, der auch die Muttersprache meiner Sippe und dann Familie war.

Zu den letzten zwei:
Das Ladino versucht man zu retten. Es gibt eine Publikation -- ich glaube nur noch vierteljährlich, oder zweimonatlich, auch mal mit Gedichten, Erzählungen, Essays -- und ab und an Broschüren und dergleichen. Die letzten vier echten Bücher dürften nach meiner vagen Erinnerung um 1921 bis 26 erschienen sein, eines in Mailand oder im italienischen Alessandria (hat mit Ägypten nicht zu tun, etliche Städte der alten Welt trugen den Namen des Mazedoniers), drei in Saloniki. Bin sehr skeptisch: Ob die Sprache in drei Generationen noch existiert, weiß ich wirklich nicht. Vielleicht...

Kommen wir zu meiner Muttersprache: Balkan-Djudezmo wurde von der kleinen Gruppe von damals maximal 20.000 Sprechern zunächst in Dalmatien gesprochen. Als auch die Republik Venedig sie zu verfolgen begann, siedelten sie nach und nach in die Territorien der k.u.k-Monarchie weiter. Die Sprache übernahm nun eine Menge von slawischen und jiddischen Einflüssen und auch manche deutsche Lexeme. Es gibt noch ca. 200 ältere Sprecher in der Welt verstreut. In meiner Familie wurde sie ab Anfang der Sechziger nicht mehr gesprochen. Ich hatte keine sephardische, sondern eine aschkenasische Frau.

Mein letztes -- meinerseits etwas mühseliges -- Gespräch von zehn Minuten in Balkan-Djudezmo mit einer sehr alten Frau habe ich Anfang der Siebziger gehabt. Faktisch ist diese Sprache gestorben.

Aufgewachsen bin ich zusätzlich mit Französisch und Italienisch als lebendige Sprachen. Das Abitur hab' ich auf Italienisch abgelegt. Gelebt hab' ich meistens in Israel.

Als mein Krebs ausbrach, lud mich ein Freund in seine Klinik, der eine hämatologische Uniklinik in Deutschland leitet. Daher meine Übersiedlung nach Europa hierher.

Jo, meine Resilienz ist ganz schön zäh... Vedremo, vedremo, falls wir sehen werden... (À propos sehen: In Februar werde ich gegen den Grauen Star operiert. Zur Zeit sehe ich sehr erschwert.)
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Ich grüße 03 Jan 2018 23:49 #5888

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Hallo Abifiz,

auch von mir ein herzliches Willkommen. Ich kann mich Martin nur anschließen. Du gehst recht cool mit deiner Situation um.

Übrigens, deinen Beitrag könnte ich mir auch ungefähr so als den Beginn eines Romans vorstellen – in der Ich-Perspektive.

Ich rätsel gerade, was eine „kleine“ Sprache ist.

Beim Lesen deines Beitrages ging mir doch so Einiges durch den Kopf. Da schreibt jemand, dass er ein sehr alter Mann ist. Verdammt, ich fühle mich auch alt. Jedenfalls so alt, dass ich eindeutig zu alt bin, um noch jung sterben zu können. Aber ehrlich gesagt habe ich da immer noch einen gewissen Abstand zu sehr alt gesehen. Und jetzt frage ich mich, wie lange ich noch habe, bis ich auch einen Beitrag mit diesen Worten beginnen kann.

Viele Grüße auch an den Vierbeiner

Rudolf
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Ich grüße 04 Jan 2018 20:50 #5894

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Hi Rudolf.

Auch Dir meinen Dank für Dein Willkommen. Schade, ich sehe, wie wenig sich im Forum tut...

Ob es mehr werden wird?

Eine "kleine" Sprache ist meine flapsige Bezeichnung für eine Sprache einer kleineren Gruppe gewesen: Sagen wir, mit nicht mehr als vier Millionen Aktiv-Sprechern. Einige davon, wie zum Beispiel Isländisch, die baltischen Sprachen, Neu-Hebräisch, Slowenisch und viele, viele mehr dazu, sind literarisch sehr rege. Aber von ihrer inneren Struktur her ist keine Sprache klein, das ist klar.

Herzlich
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Ich grüße 13 Jan 2018 18:04 #5900

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Eine Kämpfernatur mit einer sehr interessant klingenden Vita. Erstmal mein voller Respekt! Ich wünsche dir viel Kraft weiterhin. In Puncto Sprachbegeisterung haben wir sogar etwas gemeinsam :)
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Ich grüße 14 Jan 2018 15:43 #5914

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Ja, "Sprache" und Sprachen haben mich schon als Kind fasziniert...
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Ich grüße 14 Jan 2018 15:51 #5915

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@Martin

Es ist mir jetzt (!) aufgefallen, daß ich eine Deiner Fragen nicht aufgenommen und beantwortet hatte: Die nach den philosophischen Interessen.

Alle Bereiche zwischen Biologie, Evolution, Kultur, Sprache, Religion, Erkenntnislehre und Philosophiegeschichte interessieren mich brennend schon seit meiner Kindheit. Am liebsten würde ich noch dreihundert Jahre dem nachgehen, mir Gedanken machen, darüber lesen. Ob es klappt...? :kopfkratz:

Herzlich
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Ich grüße 14 Jan 2018 20:39 #5918

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Hallo Abifiz,

zu der Thematik habe ich meine eigenen Gedanken und Erkenntnisse. Sollte es dich interessieren, gefällt dir vielleicht auch etwas auf meinr weniger bekannten Seite freiesich.

Liebe Grüße
Martin
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Ich grüße 16 Jan 2018 17:45 #5924

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Ein "Freies Ich" ist ein großes Wort... :)

Hab' nun kursorisch überblickt und für interessant befunden. Werde noch dort darauf zurückkommen.
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Ich grüße 16 Jan 2018 18:43 #5929

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Ich hab auch schon ein wenig rumgeschnurkt. Schöne Seite mit interessanten Ansätzen!
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Ich grüße 25 Jan 2018 16:09 #5966

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Hallo Abifiz,

auch von mir ein herzliches willkomen hier und ich kann mich meinen Vorschreibern nur anschließen, du gehst mit deiner schwierigen Situation recht entspannt und cool um. Finde ich gut.

Liebe Grüße, Marko
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Ich grüße 04 Feb 2018 17:34 #5968

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ein herzliches willkommen auch von mir, Abifiz,

du bringst mich mit deinen Worten hier zu seltenen Gefühlen: Neid, Bewunderung, Hochachtung

danke
maraka

wieviele Manuskripte hast du denn schon in der Schublade? Bitte ab damit in die Öffentlichkeit.
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Ich grüße 27 Feb 2018 21:28 #6058

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Danke, auch Marko und Maraka, für Eure lieben Worte.

Was den Grauen Star angeht, noch kein Grünes Licht für die Operationen... :)

Bin seit vielen Wochen hartnäckig verschnupft, mit einigem Husten und etwas Bronchialschleim ab und an. Die entsprechenden Operationen gegen den Grauen Star finden normalerweise ohne Narkose statt. Nicht so bei mir: Aufgrund meiner Skelettschäden durch mein "Myelömchen" wäre -- ohne eine Narkose -- die für die Operationen erforderliche Lagerung meines Körpers gar nicht möglich. Leider stand und steht dem bisher mein Husten/Schnupfen entgegen. Die letzte diesbezügliche Terminverschiebung: Am 9.4. die erste, am 16.4. die zweite Operation.

Und da ich spürbare, wenn auch langsam-zähe Fortschritte inzwischen aufweise, hoffe ich, daß es dann endlich soweit sein wird... (Dem helfe ich mit durch "exzessives Durch-Pennen" ab, was freilich meine Arbeitsfähigkeit in diesen Wochen so ziemlich kollabieren lassen hat...)

Herzlich
Abifiz
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Ich grüße 01 Mär 2018 21:26 #6068

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Lieber Abifiz,

schön, dass du dabei bist! Du hast bestimmt viel zu erzählen und ich bin gespannt darauf, es zu lesen.
Ich kann maraka nur beipflichten; lass uns an deinen Gedanken und deinem Wissensschatz teilhaben!

Schreiben ist so vieles - Geschichte, Kreativität, Botschaft, Therapie, ... Egal, was das Leben uns schenkt oder vor die Füße wirft, schreiben hilft. Es heilt zwar nicht den Körper - aber es hält den Geist und die Seele gesund.
Ich finde es unfassbar schwierig, mich in deine Situation hineinzuversetzen und ich hoffe sehr, dass ich dir mit meinem Geschwafel nicht auf die Zehen trete. Alles was ich dir sagen möchte ist: scheiße, dass du krank bist aber toll, dass du (trotzdem/gerade deswegen) schreibst! Es ist das Beste, das du tun kannst!

Liebe Grüße
Julia
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