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THEMA: Einführung von Requisiten

Einführung von Requisiten 22 Nov 2015 13:09 #3857

  • Martin
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Wenn eine Figur, ein Schauplatz oder was auch immer zu schwach eingeführt ist, wird der Leser später verunsichert - was gar nicht gut ist; er soll sich ja in unserer Geschichte zu Hause fühlen. Dass eine Figur zum Beispiel eingeführt werden muss, ist klar. Aber wie gut muss die Einführung sein?

Was darf oder soll man dem Leser zumuten? Steht eine zu gute Einführung nicht in Kontrast mit solchen Aussagen im Zusammenhang mit ›Show don't tell‹, wie: ›Man kann dem Leser ruhig zutrauen, dass er selbst Bilder im Kopf entwirft‹? Ist es nicht wie mit Adjektiven um sich zu werfen, wenn man etwas gut einführt?

Ist es nicht elegant, wenn man andeutungsweise verfährt, nach dem Motto: ›Hank war sieben Jahre im Ausland‹, wo anders ›Als Hank fortfuhr, war Sofie fünf‹ und schließlich, zwei Kapitel später, vom Leser erwartet - man hat es ja gesagt - dass nach seiner Rückkehr Sofie zwölf sein musste?

Wie viel Einführung also braucht es, damit sich ein Leser an gewisse Gegebenheiten erinnert und sich dadurch in einer Geschichte wohl fühlt? Ist es in diesem Rahmen angebracht, mit kleinen Faktenschnipseln um sich zu werfen, um die kombinatorische Fähigkeit des Lesers anzufachen? Oder ist das kontraproduktiv?

So viel mal als Ausgangsfragen. Würde mich freuen, wenn wer Lust hat, zum Thema weiterzuplaudern!

Liebe Grüße
Martin
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Einführung von Requisiten 22 Nov 2015 14:34 #3861

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Hallo Martin,

das ist eine interessante Frage, auf die es meiner Meinung nach keine eindeutige Antwort gibt. Ich persönlich bevorzuge die Häppchenmethode, weil ich bei zuviel Information auf einmal leicht abschalte und einen Teil davon nicht mehr aufnehmen kann. Außerdem komme ich vom Kurzgeschichtenschreiben her und halte es selbst nach Möglichkeit mit: So viel wie nötig, aber so knapp wie möglich.

Wahrscheinlich hängt auch noch viel vom Genre ab, doch damit kenne ich mich ehrlich gesagt nicht besonders aus, weil ich eben quer Beet lese und mir über Genres und ihre speziellen Eigenarten bisher noch keine großen Gedanken gemacht habe.
Liebe Grüße von Heike
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Einführung von Requisiten 22 Nov 2015 14:51 #3864

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Durch die Diskussion an meinem Text angestoßen, habe ich über meine eigenen (Lese-)Vorlieben reflektiert. Ich denke, es kommt auf das Leseverhalten an. Ich bin ein aufmerksamer Leser, spüre Worte gerne nach (nicht nur, ob sie treffend sind, auch ob das Gefühl, was sie bei mir auslösen zum Text passt und oft genug, ob das Wort vom Ursprung her dazu passt), *seziere* (wie hier allgemein. bekannt) regelrecht die Sätze.

Daher lese ich auch gerne Texte, wo Infos verteilt, im Lesefluss gegeben werden, ohne dass sie wie ein Stopplicht leuchten. Aber das setzt wiederum ein intensives Lesen, kein überspitzt formuliert *überfliegen der Texte* voraus, m. M. n.

Ich denke, beides hat seine Berechtigung und wird je nach Umstände und Vorliebe seine Leser finden. Wenn ich eine stressige Zeit/Sorgen habe, dann greife ich auch eher zu Romanen, die ich ohne viel Federlesens durch habe. Aber auch das ist ein mir jetzt bewusst gewordener Gradmesser: Sobald ich das als zu direkt (plump?) empfinde, befinde ich mich wieder in einem entspannten/aufnahmebereiten Modus.
Liebe Grüße

Sheila
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Einführung von Requisiten 23 Nov 2015 13:21 #3890

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Sheila schrieb:
Durch die Diskussion an meinem Text angestoßen, habe ich über meine eigenen (Lese-)Vorlieben reflektiert. Ich denke, es kommt auf das Leseverhalten an.
Ja genau und damit sind wir bei der Zielgruppe. Auch. Und bei unserer Zeit, der schnelllebigen. Viele Menschen sind heute ausgelaugt, wenn sie sich an ein Buch setzen. Dabei ertappe sogar ich mich, der ich gut Geschriebenes liebe. Um das alles genau zu inhalieren, wird man gezwungen, einen Text höchst konzentriert zu lesen. Auch wenn viele das gerne würden, schaffen sie es einfach aufgrund der allgegenwärtigen Belastungen nicht. Aus diesem Grund würden heute die klassischen Autorengötter sicher keine Bestsellerautoren mehr.

Sheila schrieb:
Daher lese ich auch gerne Texte, wo Infos verteilt, im Lesefluss gegeben werden, ohne dass sie wie ein Stopplicht leuchten. Aber das setzt wiederum ein intensives Lesen, kein überspitzt formuliert *überfliegen der Texte* voraus, m. M. n.
Nichts ist logischer, als dass man so schreibt, wie man es selbst gerne lesen würde. Die Frage dabei ist immer, schreibe ich nur für mich oder wünsche ich mir, dass auch andere es lesen. Dieses Feedback liefert z.B. so ein Forum wie dieses. Und dann muss man entscheiden, ob man ›auf den Strich der Bedürniserfüllung anderer‹ geht oder für einen wahrscheinlich kleineren Kreis schreiben möchte

Sheila schrieb:
Ich denke, beides hat seine Berechtigung und wird je nach Umstände und Vorliebe seine Leser finden. Wenn ich eine stressige Zeit/Sorgen habe, dann greife ich auch eher zu Romanen, die ich ohne viel Federlesens durch habe. Aber auch das ist ein mir jetzt bewusst gewordener Gradmesser: Sobald ich das als zu direkt (plump?) empfinde, befinde ich mich wieder in einem entspannten/aufnahmebereiten Modus.
Und das ... das kapier ich jetzt grad nicht ;-)
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Einführung von Requisiten 23 Nov 2015 13:26 #3891

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Heikros schrieb:
das ist eine interessante Frage, auf die es meiner Meinung nach keine eindeutige Antwort gibt. Ich persönlich bevorzuge die Häppchenmethode, weil ich bei zuviel Information auf einmal leicht abschalte und einen Teil davon nicht mehr aufnehmen kann.
Im Sinne der Antwort an Sheila: für wen schreibe ich? Doch ich denke, dass es eine ganz raffinierte - und interessante - Kunst ist, eine Figur auf eine weise stark zu verankern, dass es der Leser eben nicht als plump wahrnimmt. Häppchen ja, aber bei jedem ein Anker dabei, der den Häppchentyp (Figur) wiederekennen lässt.

Heikros schrieb:
Wahrscheinlich hängt auch noch viel vom Genre ab, doch damit kenne ich mich ehrlich gesagt nicht besonders aus, weil ich eben quer Beet lese und mir über Genres und ihre speziellen Eigenarten bisher noch keine großen Gedanken gemacht habe.
Ich glaube, dass gewisse ›Regeln‹ in allen Genres funktionieren. Und Figuren kommen ja in allen vor.
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Einführung von Requisiten 23 Nov 2015 14:24 #3893

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Martin schrieb:

Sheila schrieb:
Ich denke, beides hat seine Berechtigung und wird je nach Umstände und Vorliebe seine Leser finden. Wenn ich eine stressige Zeit/Sorgen habe, dann greife ich auch eher zu Romanen, die ich ohne viel Federlesens durch habe. Aber auch das ist ein mir jetzt bewusst gewordener Gradmesser: Sobald ich das als zu direkt (plump?) empfinde, befinde ich mich wieder in einem entspannten/aufnahmebereiten Modus.
Und das ... das kapier ich jetzt grad nicht ;-)

Hallo Martin,

dann drösel ich dir das auf :D

Bin ich - aus welchen Gründen auch immer - gestreßt/unter Druck, greife ich zu Büchern, die ich quasi *überfliegen* kann. Dann kann ich auch Stopplicht-Infos akzeptieren und empfinde diese auch als OK.

Empfinde ich dann irgendwann diese *Stopplicht-Infos* als plump/zu direkt, dann bin ich wieder im Entspannungsmodus/in dem Modus, wo ich Texte mit feinen Hinweisen bevorzuge.

Meine *Lesevorlieben* spiegeln also meinen ... ja psychisch.?? Zustand.
Liebe Grüße

Sheila
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Einführung von Requisiten 24 Nov 2015 17:42 #3921

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Ich brüte den ganzen Tag über Sheilas Korrekturen. :book:

Dabei ist mir etwas aufgefallen. :woohoo:
Sheila :kiss: hatte bei der Landhausszene bemängelt, dass ich mit zu viel Beschreibung den Spannungsbogen kille. Meine Dialoge wären ebenfalls zu ausführlich. Sie hatte mir dafür ein tolles Beispiel geschrieben, dass mMn viel besser klingt als meiner :( Ich las es: Es war knackiger, schneller ... und - schon war er vorbei.
Die Informationen die darin verpackt waren, hatte ich überlesen!!!

Ich habe einmal gehört, (und ich versuche es auch umzusetzen) dass man Geschwindigkeiten durch Satzlängen oder Beschreibungen beeinflussen kann. Dem Leser eine sogenannte Verschnaufpause geben. Dazu kann man natürlich auch den Absatz benutzen. Aber manchmal reicht dieser nicht aus.

Nach nochmaligem Lesen meiner Version empfand ich sie als ruhiger. Ich nahm sie besser wahr. Wie bei ein guten Wein, den man genießen will, muss man sich Zeit lassen.

Vielleicht ist das das Grundproblem, weshalb man die Informationen überliest?

Und nun? Was ist besser? Kurz und knackig ... oder?
liebe Grüße

Cora
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Einführung von Requisiten 24 Nov 2015 18:10 #3922

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Hallo Cora,

wie meistens gibt es kein Entweder-Oder. Abwechslung. Wie im Leben. Bio-Rhythmus.

Viele Grüße
Martin
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Einführung von Requisiten 24 Nov 2015 19:23 #3923

  • Sheila
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Hallo Cora,

ich würde sagen, es kommt auf die Situation an.

Wenn sich eine Situation zuspitzt, die Spannung steigt/steigen soll, es dramatisch ist/wird, dann knackig.

In den Pausen dazwischen (wäre jetzt bei dir z. B. wenn sich die beiden Kommissare unterhalten bzw. mit den Kollegen - ohne Konflikt/Spannungen).

Vllt. kannst du das auch bei dir oder den Personen in deiner Umgebung beobachten: Wenn sie unter Strom stehen oder ein Ziel quasi schon vor Augen haben, dann werden die Sätze auch kürzer.
Liebe Grüße

Sheila
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